Sie sollten das persönliche Gespräch unter vier Augen mit der betroffenen Person suchen. Berichten Sie ihr, dass sie den Eindruck haben, dass sie sich verändert hat, vielleicht bedrückt oder angespannt wirkt. Signalisieren Sie, dass Sie besorgt sind und fragen Sie offen nach der Ursache, aber verzichten Sie dabei auf kulturelle oder religiöse Deutungen. Fragen Sie auch danach, wie die Betroffene selbst ihre Gefährdungslage und das Eskalationspotenzial einschätzt, und versuchen Sie, sich ein Bild von der Gewaltdynamik und ggf. vorangegangenen familiären Konflikten zu machen. Beachten Sie dabei auch, wie verstrickt die Person ist: Loyalitätskonflikte, Ambivalenzen und Schuldgefühle können dazu führen, dass sie ihre Gefährdung herunterspielen und Täter*innen in Schutz nehmen. Wenn sie vermuten, dass bei einer anstehenden Reise die Zwangsverheiratung geplant ist, fragen Sie nach dem Reiseziel, dem Anlass und auch nach dem geplanten Rückkehrdatum.
Generell sollten Sie ein vertrauensvolles Umfeld schaffen, indem Sie klar benennen, dass es Ihnen um das Wohl der Betroffenen geht und Sie der Familie oder dem Umfeld nicht davon berichten werden. Um die betroffene Person nicht in einen Loyalitätskonflikt zu bringen oder in die Defensive zu treiben, ist es wichtig, nicht über ihre Wertvorstellungen zu urteilen und insgesamt einfühlsam mit ihrem kulturellen Referenzrahmen oder ihren religiösen Überzeugungen umzugehen. In diesem Gespräch sollten Sie auch erklären, dass es spezialisierte, vertrauliche Hilfeangebote gibt, und anbieten, den Kontakt herzustellen.